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Straßenprojekt: Ausbildung zu Fahrradmechanikern

Straßenprojekt: Ausbildung zu Fahrradmechanikern

Unser zehnjähriger Projektpartner ProLink ist im Norden Ghanas (ProLink ist dort nicht selbst aktiv) in Partnerschaft mit der Nichtregierungsorganisation Norsaac (Northern Sector Action on Awareness Centre). Der Norden Ghanas gilt als das Armenhaus des Landes und ist weitgehend ländlich strukturiert ohne Vorkommen besonderer Bodenschätze, Industrien oder Landwirtschaften. Die Rolle des Fahrrads als Transportmittel ist hier ähnlich stark ausgeprägt wie in Burkina Faso.

Norsaac hat in den Jahren 2004 bis 2009 etwa 2000 Fahrräder von ProLink (und somit von uns) erhalten. Auf Basis dessen wurde im Jahr 2008 ein Sozialprojekt zur Ausbildung von Jugendlichen als Straßenfahrradmechaniker etabliert. ProLink betreibt selbst leider keine Werkstatt. Jugendliche, die aus diversen Gründen nicht mehr die Schule besuchen und in ihren Dorfgemeinschaften unbeschäftigt sind, erhalten die Möglichkeit zu einer 6-monatigen Ausbildung. Norsaac unterhält zwei Ausbildungstandorte (Werkstaetten), einen in Tamale im Stadtteil Gumani, ein zweiten seit Mitte 2012 in Karaga. Dort ist auch eine Unterkunft angeschlossen, das Projekt beinhaltet auch die Verpflegung der dortigen 12 Auszubildenden.
Auf den ersten Blick macht der Ausbildungsort in Gumani einen vernachlässigten Eindruck. Es handelt sich um eine einfache Bretterbude mit Wellblechdach. ProLink hat seit 2009 keine Ausstattung oder Räder mehr hier hoch geschickt: Gebäude und Werkzeugausstattung machen nicht den Eindruck einer „Ausbildungsstätte“. Spezialwerkzeuge abgesehen von einem Konusschlüssel gibt es nicht. Ein Ersatzteillager ist nicht vorhanden, für die Besorgung der benötigten Teile wird im Moment, an dem an einem Kundenrad gearbeitet wird, ein Auszubildender zum Teile kaufen losgeschickt.
Nichtsdestotrotz versteht der Ausbilder (von Norsaac bezahlt), der in Tamale selbst einen Laden betreibt, sein Handwerk. So gehören selbstgeschmiedete Reifenheber und ein selbstgebaute Rätsche zur Ausstattung. Gekonnt legt er 3-Gang-Nexus Nabe auseinander, lässt sie von den Auszubildenden säubern und neu fetten. Das ausgeleierte Tretlager wird nur mit den Kugeln ohne den Kugellagerkäfig wieder eingebaut, man muss erst den Kunden fragen, ob er die 2 Ghana Cedi (80 Cent) für ein neues Chinesisches oder 4 Cedi für ein gebrauchtes Originalteil ausgeben kann. Problem des chinesischen Teils ist ein zu weicher Stahl, sodass der Vierkant auf dem die Kurbel sitzt innerhalb weniger Wochen ausleiert. Die afrikanische Lösung für dieses Qualitätsproblem besteht darin, dass man 4 Speichenstücke plattschmiedet und zwischen Tretlagerachse und Kurbel anbringt. Für mich nicht vorstellbar, dass dies dauerhaft hält.

Grundsätzlich lernen die Auszubildenden mit der afrikanischen Praxis umzugehen. Das heisst mit wenigen und einfachen Mitteln ein Rad reparieren und dabei trotzdem gewisse Qualitaetsstandards einzuhalten. Wünschenswert wäre nichtsdestotrotz eine bessere Vorbildwerkstatt und -Ausbildung.
Seit 2008 hat Norsaac rund 60 Jugendliche ausgebildet. Davon haben rund 30 Jugendliche nun ihren eigenen Straßenshop.

Finanziell unterstützt wird das Programm von der amerikanischen Organisation EMpower. Die britische Organisation Tools for Self Reliance (unbedingt anschauen) liefert Werkzeuge.

Im Anschluss an den Ausbildung wird die Dorfgemeinschaft, aus der die Jugendlichen kommen, um die Bereitstellung von Land gebeten. Die Jugendlichen bzw. deren Familie finanzieren das Holz für den Straßenstand. Norsaac finanziert den Jungunternehmern das Dachblech für den Straßenstand. Für dieses Jahr ist die Vergabe von Kleinstkrediten an Mechaniker auf den Dörfern geplant. Dies soll ihnen den Aufbau eines keinen Materiallagers ermöglichen. Die afrikanische Praxis benötigte Dinge und Teile erst im Moment des Gebrauchs zu erwerben ist auf den Dörfern nicht praktikabel, da große Distanzen zum nächsten Händler überbrückt werden müssen.
Einen dieser Straßenmechaniker haben wir besucht. Anass verdient mit seinen erlernten Mechanikerfähigkeiten rund 8 Cedi (3,30€) pro Tag, 2 Cedi kann er taeglich sparen. Er gehörte im Alter von 16 Jahren zum zweiten Ausbildungsjahrgang 2009.
Erstaunt war ich zu hören, dass Norsaac dieses Jahr ein eigenes Fahrradhandbuch in Zusammenarbeit mit einem technischen Institut in Tamale (National Vocational and Technical Institute) fertiggestellt hat. Es dient in der Ausbildung als Lehrbuch und beinhaltet neben größtenteils fahrradtechnischen Details auch einige Grundideen erfolgreichen, selbstständigen Unternehmertums. Ich übergebe dem Hauptautor im Norsaacbuero eine englischsprachige Version des Parktool „Big Blue Book of Bicycle Repair“. Es wird bei einer Neuauflage des eigenen Manuals von Nutzen sein. Gedankt sei hier nochmals der Grofa GmbH, die uns dieses Exemplar mit einer Werkzeugspende 2012 zukommen ließ.

Für dieses Jahr sind zwingend Fahrrad- und Werkzeuglieferungen via ProLink an die Ausbildungszentren von Norsaac vorgesehen.

Wer als Freiwilliger von TuS e.V, aber auch gerne als externer Fahrradmissionar und Mechaniker für einen mehrwöchigen Werkstattausbau in Tamale und Karaga arbeiten möchte, möge sich bei uns melden.

Berichte über vergangene Verteilaktionen von Norsaac und das Ausbildungszentrum und den Auswahlprozess der Lehrlinge können ab sofort unter Projekte (2009) abgerufen werden. Wie der Zufall es möchte ist Awal, der langjährige Vorsitzende Norsaacs ab Mitte März für zwei Wochen in Düsseldorf, wir freuen uns über seinen Besuch in unserem Lager in Stuttgart.

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