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Werkstattaufbau und Radreparatur in Kassoum Burkina Faso

Werkstattaufbau und Radreparatur in Kassoum Burkina Faso

Unser Container beinhaltete 300 Fahrräder, Fahrradersatzteile aller Art, spezielle Fahrradwerkzeuge, allgemeine Mechanikerwerkzeuge und zwanzig Bananenkisten französischsprachige Literatur.
Nach dem gemeinschaftlich, erfolgreich, freudigen Entladen des Containers galt es nun die Sachen zu ordnen eine Werkstatt aufzubauen und die Räder zu reparieren. Boke Drabo, der Projektkoordinator und seit einer Woche auch neuer Bürgermeister  der Kommune Kassoum, hatte dafür schon Vorarbeit geleistet und Strukturen aufgebaut.
Die Fahrradwerkstatt wird in einem leerstehenden kommunalen Gebäude direkt am Markt als Gemeinschaftswerkstatt eingerichtet. Sie soll allen Mechanikern der Region entgeltlich zugänglich sein und steht dabei unter der Leitung eines Festangestellten.
Mit den Büchern soll eine kommunale Bibliothek eingerichtet werden. Bücher gibt es abgesehen von Schulmaterialien praktisch nicht, eine für uns kaum vorstellbare Tatsache. Für die Entleihung der Bücher ist ein Pfand von 500 Francs (75 Cent) vorgesehen. Ein Kompromiss will man doch allen die Entleihung grundsätzlich ermöglichen (Pfand darf nicht zu hoch sein) aber die Bücher auch wieder zurückbekommen (genügen 500 Francs, wenn jemand das Buch wirklich gut findet und behalten möchte wird es ihm sicherlich 500 Francs wert sein).
Boke Drabo kann für die Realisierung dieser und anderer Entwicklungsprojekte auf ein weitverzweigtes Netz von Unterstützern unter anderen über den Verein APDD (Association Pour la Development de Diele) zurückgreifen. Sein Heimatdorf Diele hat es schon vor etlichen Jahrzehnten geschafft eine Priorität auf die Schulbildung seiner neuen Generationen zu legen. Diese wohnt inzwischen teils nicht mehr im Dorf sondern in Bobo-Dioulasso, Ouagadougou, Amerika, Frankreich oder Deutschland. Man setzt sich aber aufgrund enger Familienbände für die Entwicklung des Heimatdorfes und der Region ein.
Dies hat Diele zu einer Art Vorbilddorf in der Region gemacht. Der Verein konnte schon viele Projekte unter anderem Mühlen, Brunnen, Grundschulen in jedem Dorf der Kommune sowie ein Lycee (ermöglicht „Bac“ – Abiturabschluss) in Kassoum realisieren. Die letzte Generation Abiturienten geht dabei noch auf das Lycee im 25km entfernten Tougan. Schön ist, dass Entwicklungsprojekte auch Effekte auf die umliegende Region haben bzw. diese mitberücksichtigt wird.

Die Verteilung der Räder ist an Personen aus allen 35 Dörfer der Kommune Kassoum vorgesehen. In jedem Dorf gibt es jeweils zwei sogenannte Conseilleur (Berater und Ansprechpartner), die von der Dorfbevölkerung bestimmt werden. (Die Conseilleur wählen unter anderem den Kommunenbürgermeister) Den Conseilleurs ist es nun überlassen, Personen aus ihrem Dorf zu benennen die ein Fahrrad am dringendsten benötigen. Sie kennen ihre Dorfgemeinschaft am Besten und können Beurteilen wer am dringendsten eines Rades bedarf. Die Dorfgemeinschaft schaut ihnen dabei auf die Finger, sodass ein Verteilen ausschließlich an die eigenen Wohlgesinnten nicht möglich sein sollte. Die Räder werden nicht verschenkt, sondern je nach Modell und Zustand für 3.000 bis 10.000 Westafrikanische Francs (5€ bis 15€) verkauft.

Bei der Reparatur der Fahrräder wurden Mechaniker aus allen Dörfern für unseren Workshop berücksichtigt. Erste Begegnungen mit einem Montageständer: Man holt das Rad vom Boden, kann aufrecht arbeiten und ins Leere pedalieren um Schaltung und Bremsen zu testen. Ich musste die Mechaniker immer wieder erinnern doch bitte mit diesem wundervollen Hilfsmittel zu arbeiten. Wir haben zwei Ständer mitgeschickt. Die Macht der Gewohnheit und der riesen Berg an noch zu reparierenden Rädern machten das „aufwendige“ Einspannen der Räder manchmal unattraktiv bzw. es wurde schlicht vergessen. Viel spannender waren da die verschiedenen Systeme von Schaltungen, Bremsen und generell die vorhandene Ausstattung an den Rädern, von Schutzblechen über Licht Tacho und Satteltaschen voll Werkzeug. Sicherlich werden diese jetzt bestaunteten Extras nicht auf Ewig halten, dafür sind die Straßen- und Witterungsbedingungen hier einfach zu extrem. Die nächste Asphaltstraße ist über 100 Kilometer entfernt, die Piste die durch die Region führt wurde auf Grund mangelnden Geldes vor drei Jahren das letzte Mal gerichtet. Dazu extreme Wetterphänomene wie Winde mit Sand  und Staub aus der Sahara in der Trockenzeit und viel Regen in der Regenzeit. Man schaue sich die vielen chinesischen Räder an, die nach wenigen Monaten nur noch aus Antrieb, Sattel und Lenker bestehen (Der Bremshebel eines chinesischen „Champion d’Afrique“ bricht nach zwei bis drei Wochen einfach durch, das Plastik hält dem Hebel des Brems“hebels“ nicht stand). Ein Großteil der Extras unserer Räder wird da schon länger durchhalten, auf jeden Fall aber werden die Räder weiterrollen und somit nützliches Transportmittel sein.
Aufgrund einer guten Vorarbeit im ganzen vergangenen Jahr (Aussortieren/Schlachten von nicht als afrikatauglich erachteten Fahrrädern in unserem Lager) hatten wir nur vollständige Räder und ein Großteil der Reparaturen beschränkte sich auf Schläuche flicken, Ketten ölen und Laufräder zentrieren. Vielen Dank für diese konstante Vorarbeit und die Werkzeugauswahl an Georg Leitner „unseren Lagermeischter“.
Gedankt sei an dieser Stelle auch der Grofa GmbH, die als Parktool Importeur uns dieses Jahr mit einer großen Werkzeugspende beglückte. Ihr Fahrradwerkzeugkoffer XTreme wird hier gute Dienste leisten und nur für spezielle Reparaturen bedient man sich des „guten Werkzeugs“. Auch die Parktool Kassetten- und Kurbelabzieher sowie einfache Plastikreifenheber leisten ihre Dienste. Bisher wurden hier Hammer und Schraubenzieher benutzt, was die Teile natürlich oftmals beschädigt oder ganz zerstört hat. Die neue Standluftpumpe mit Druckanzeige löste Begeisterung aus, fühlt sie sich doch ungleich des chinesischen Pendants beim Pumpen solide an und das Aufpumpen von über 600 Reifen geht damit leicht von der Hand. Der neue Zentrierständer ermöglicht bisher unbekannt präzises Arbeiten am Laufrad. Wie bei uns auch üblich wird hier ansonsten im Fahrradrahmen oder  einer umgebauten Fahrradgabel zentriert.
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